„Immer größere Teile des Bürgertums hängen der naiven Vorstellung an, dass ihr Wohlstand ein Menschenrecht ist, denn sie kennen nur ein Leben im Reichtum. Auch das Wissen, wie das Leben vor der Industrialisierung aussah, wie ungebildet und arm die Menschen waren, wie früh sie starben, wie krank sie waren, scheint verschüttet. Die meisten von uns würden kaum einen Tag in der vorindustriellen Zeit überstehen, die Dümmsten von uns haben das vergessen. Viele, die so denken, sind im öffentlichen Dienst beschäftigt, das Geld kommt so sicher wie der morgendliche Sonnenaufgang und es ist so viel, dass man sogar zum demonstrativen Verzicht in homöopathischen Dosen bereit ist. Die Verachtung gegenüber Wirtschaft und vor allem Industrie sitzt tief. Dass die Produktion aus den Städten in die Provinz abgewandert ist, nährt die Illusion, dass sie keine Rolle mehr spielt, ja, dass es sie nicht mehr gibt. Zur grüngutbürgerlichen Dekadenz gehört es, zu ignorieren, dass es die Menschen in der Industrie sind, die die Güter herstellen, deren Export das Geld bringt, von dem all die Gemeinschaftskundelehrer, Verwaltungsbeamten und Betroffenheitswissenschaftler leben. Sie mögen den Tag genießen. Jeder Job, der in der Automobilindustrie, im Maschinenbau, bei den Zulieferern, in der energieintensiven Werkstoff- und Chemieindustrie wegfällt, wird das Klima in diesem Land unangenehm verändern. Diese kommende Entwicklung macht mir Sorgen. Wer heute launig für Deindustrialisierung und gegen Wachstum und damit faktisch für Armut auf die Straße geht, wird eine steile Lernkurve durchlaufen.” (Stefan Laurin) Und wo wir gerade dabei sind: Continental: „Bis Ende 2023 will Continental weltweit 15.000 Stellen streichen, davon 5000 in Deutschland, teilte der Dax-Konzern am Mittwoch nach einer Aufsichtsratssitzung in Hannover mit. Bis 2029 dürften sogar 20.000 Stellen von Veränderungen betroffen sein, 7.000 alleine in Deutschland.“ VW: „Bereits Ende 2018 hieß es deshalb, in den kommenden Jahren würden ein Drittel der Stellen in Hannover und Emden wegfallen, wo derzeit noch 22.000 Mitarbeiter angestellt sind. Der Konzern wollte sich zunächst nicht zu den Zahlen der Zeitung äußern.“ Audi: „Demnach könnten bis zum Jahr 2025 rund 10.000 Arbeitsplätze von den derzeit rund 60.000 Stellen an den Standorten Ingolstadt und Neckarsulm wegfallen.“ Bei Porsche blieb es bislang ruhig. Auf einen drohenden Stellenabbau deutete bislang nichts hin. BMW: „Demnach will das DAX-Unternehmen in Deutschland bis zu 6000 Stellen streichen, die meisten davon in der Konzernzentrale in München.“ Daimler: „Daher werde Källenius sanieren müssen und Jobs abbauen, „vielleicht 10.000“ von weltweit 298.700. Fest steht allerdings: Daimler hat den gut 130.000 Stammbeschäftigten in Deutschland eine Jobgarantie bis 2029 ausgesprochen.“ Ford: „Der kriselnde Autobauer Ford will bis Ende 2020 in Europa insgesamt 12.000 Stellen streichen und sechs Fabriken schließen.Nach eigenen Angaben beschäftigt Ford in Europa bislang 51.000 Mitarbeiter, fast ein Viertel der Stellen fällt also weg. OPEL: „Ende vergangenen Jahres arbeiteten noch gut 16.500 Menschen an den deutschen Opel-Standorten, zu denen auch Eisenach und Kaiserslautern gehören. Opel will sich über Altersteilzeit und Freiwilligenprogramme von weiteren bis zu 600 Mitarbeitern an seinem Stammsitz Rüsselsheim trennen.“ Bosch: „Die Stuttgarter beschäftigen weltweit 410.000 Menschen. 50.000 Arbeitsplätze, davon allein 15.000 in Deutschland, hängen vom Diesel ab.“ ZF: „Der ZF-Vorstand nahm seine noch im April geäußerte Umsatzerwartung um eine satte Milliarde Euro zurück – auf 36 bis 37 Milliarden Euro. In China reagierte ZF bereits mit Entlassungen. In Deutschland soll es dazu nicht kommen – es würden ausgleichende Maßnahmen wie etwa Gleitzeit reichen.“ MAHLE: „Auch bei den 79.000 Mitarbeitern von Mahle geht die Angst um. Der Betriebsrat des Stuttgarter Unternehmens hat ein Strategiepapier vorgelegt, das zu einem Entlassungsstopp bis 2025 führen soll. Die Geschäftsleitung hatte zuvor den Abbau von 380 der 4300 Stellen in Stuttgart und die Schließung eines Werks in Öhringen angekündigt.“ Schaeffler : „Im März hatte das Unternehmen bereits einen Abbau von 700 Stellen in Deutschland und 200 im europäischen Ausland bekanntgegeben sowie vier Standorte auf den Prüfstand gestellt.“ Läuft. Bitte weiterhin Phantome bekämpfen und dafür langfristig die Wurzel des Wohlstands vernichten. (Philipp A. Mende, philippantonmende.com)

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